Lissabon
Stadt auf sieben Hügeln
Südlich des kleinen Küstenorts Santa Cruz wird die Nähe zu Lissabon bereits spürbar. Der Trubel und die Verkehrsdichte nehmen stetig zu. Insbesondere rund um das Surfer-Paradies Ericeira wird es für mich unmöglich, einen ruhigen Platz für die Nacht zu finden.
Im Landesinneren zeugt der riesige „Palácio Nacional de Mafra“ vom Gigantismus im Portugal des frühen 18. Jahrhunderts. König João V. ließ aus Freude über die Geburt eines Thronfolgers einen Klosterpalast bauen, der größer werden sollte als der „El Escorial“ nahe der spanischen Hauptstadt Madrid. In der prächtigen Basilika, die in die Palastfront integriert ist, gibt es nicht weniger als sechs Orgeln. Das portugiesische Königspaar soll allerdings nur wenige Tage in seinen Gemächern verbracht haben.
In der Kühle der Berge von Sintra verbrachten die portugiesischen Könige, bereits seit dem 14. Jahrhundert, die heißen Sommer. Auf deren höchsten Gipfel thront der „Palacio de Pena“, dessen eklektizistischer Baustil den bayerischen König Ludwig II. zum Bau von Schloss Neuschwanstein inspirierte. Egal, ob UNESCO Welterbe oder nicht, das quietschbunte Ensemble reizt mich nicht wirklich zu einer Besichtigung. Der Rummel und die lange Schlange vor den Kassenautomaten ist schließlich die letzte Entscheidungshilfe, dem Treiben hier oben den Rücken zu kehren.
Das Cabo da Roca, der westlichste Punkt Europas, erlebt eine chinesische Invasion. Fotografiert wird alles, was nicht flüchten kann. Die Warnungen, die Absperrungen zu den steil abfallenden Klippen nicht zu überklettern, werden konsequent ignoriert. Ich fahre weiter.
Cascais und Estoril, die ehemals mondänen Seebäder, sind Opfer des Massentourismus geworden. Ein Ort der Stille ist lediglich der Dünen-Naturpark an der „Praja Pequena do Guincho“. Ich richte mich, trotz des Trubels, für eine ganze Woche auf dem Campingplatz von Cascais ein. Von hier aus lassen sich idealerweise Touren nach Lissabon oder in die Sintra-Berge (abseits der dortigen Paläste) beginnen.
Lisboa (Lissabon), in fast jedem wehmütigen Gesang des Fado, wird der Name der portugiesischen Hauptstadt gleich mehrfach erwähnt. Das Verhältnis der Portugiesen zu der Stadt an der Tejo-Mündung ist ein Besonderes. Auch ich kann mich dieser Magie nicht entziehen. Es ist mittlerweile unser vierter Besuch und wir können uns den Luxus erlauben, eigene Schwerpunkte zu setzen. Wir wollen Orte aufsuchen, die bislang der knappen Zeit zum Opfer gefallen sind. Der „Torre de Belem“ bleibt diesmal links oder rechts liegen, wir unternehmen keinen Aufstieg zum „Castelo de São Jorge“ und keine Überfahrt zum „Cristo Rei“, der riesigen Christus-Statue auf dem anderen Tejo-Ufer.
Stattdessen nutzen wir die Gelegenheit, die stilleren Gassen im „Bairro Alto“ aufzusuchen oder im ehemaligen Fischerviertel, der „Alfama“ Plätze zu erkunden, die von den „Kreuzfahrern“ der riesigen Schiffen, verschont geblieben sind. Etwas abseits der Altstadt können wir den wunderschönen Garten des „Palaçio des Marqueses de Fronteira“ mit seinen Azulejos aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu besichtigen. Und es bleibt immer noch genug übrig, für weitere Besuche.
Selbstverständlich schlendern wir auch diesmal über die Einkaufsmeile der „Baixa de Lisboa“ und werfen einen Blick auf die filigrane Architektur des „Elevador de Santa Justa“ (ohne hochfahren zu müssen). Auf dem „Rossio“ gönnen wir uns ein Gläschen „Ginjinha“, den typischen Sauerkirsch-Likör und bedauern, dass der schöne Platz mit Weihnachtsmarkt-Buden zugepflastert ist.
Der krönende Abschluss unseres Lissabon-Aufenthaltes sollte (wieder) ein Essen in der „Casa do Alentejo“ sein. In diesem einmaligen Altbau mit seinem maurischen Innenhof werden in einem tollen Ambiente typische und schmackhafte Gerichte aus dem Alentejo serviert. Trotz frühzeitiger Reservierung werden wir abgewiesen. Ein kurzfristig ausgerufener Streik legt die Küche lahm. Wir sind enttäuscht und müssen uns diesen Höhepunkt wohl für eine weiteren Besuch in Lissabon aufheben.