Der Alentejo

Der Alentejo

Das „Armenhaus“ Portugals

Die Bezeichnung „Armenhaus“ ist wohl zutreffend. Der Alentejo ist aber nicht nur die ärmste Region Portugals sondern er gehört auch zu den ärmsten Europas. Auf einem Drittel des portugiesischen Territoriums leben weniger als sieben Prozent der Bevölkerung. Die Wirtschaftsleistung ist fokussiert auf die Produktion von Kork, Wein, Oliven und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Arbeitslosigkeit ist hoch und die Altersstruktur der Bevölkerung ebenso schlecht wie die Straßen. So viel zu den statistischen Fakten.

Eindrucksvolle Landschaften, eine äußerst wechselvolle und spannende Vergangenheit, imposante Kulturgüter, äußerst freundliche Menschen sowie hochwertige landwirtschaftliche Erzeugnisse sind die ideellen Werte, die auf die andere Seite der Waagschale gehören. Zumindest für Besucher der größten Region Portugals ist die damit Sache klar. Der Alentejo ist eine lohnendes Ziel.

Meine Reise beginnt an der ebenso beliebten wie belebten Algarve-Küste und führt mich nordwärts. Zu meiner Rechten fließt der Grenzfluss Guidiana dem Atlantik entgegen und es wird zunehmend ruhiger. Bei meinem ersten Stop auf dem weitläufigen und kostenfreien Stellplatz in Pereiro bereue ich, dass ich es versäumt habe, rechtzeitig Lebensmittel zu bevorraten. Hier gibt es weit und breit keine Einkaufsmöglichkeit. Über den Jahreswechsel muss ich meine Vorräte rationieren.

Das Schild mit dem Hinweis darauf, dass an dieser Stelle die Algarve endet und der Alentejo beginnt, ist eigentlich überflüssig. Die Straße, eben noch breit und gut, mutiert abrupt zu einer schmalen Buckelpiste. Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge, denn die schrundige Asphaltdecke bricht zu den Rändern knietief ab. Jeder Gegenverkehr wird zu Herausforderung. Getrieben von einem nicht zu rechtfertigenden Gottvertrauen oder von Todessehnsucht verschärfen die Portugiesen durch waghalsige Überholmanöver die ohnehin schwierige Situation zusätzlich.

Serpa

In Serpa suche ich Erholung von den Strapazen dieser Etappe. Das kleine Städtchen empfängt mich mit einem hübschen, aber etwas versteckten kleinen Campingplatz. Ein Rundgang durch die kleine Altstadt führt mich auch zu der Festung, von deren Zinnen man eine herrliche Rundumsicht, bis hin zur Provinzhauptstadt Beja, hat.

Beja

Beja, mit 24.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Alentejo, blickt auf eine lange und wechselvolle Vergangenheit zurück. Gegründet von den Kelten im 5. Jahrhundert v. Chr. herrschten im Laufe der Geschichte Römer, Alanen, Sueben, Vandalen und schließlich die Mauren über die Stadt. Im Jahr 1235 fiel Beja an das Königreich Portugal.

Évora

Évora, die Hauptstadt des Alentejo, bedeutender römischer Handelsplatz, Residenz der portugiesischen Könige im Mittelalter und UNESCO Weltkulturerbe. Das sind nur einige Titel, mit denen sich die „Perle des Alentejo“ schmücken darf. Die schöne Altstadt ist so kompakt, dass sich die zahlreichen Sehenswürdigkeiten an einem Tag besuchen lassen. Wer etwas für Morbidität übrig hat, kann sich in der „Knochen-Kapelle“ ein wenig gruseln.

Borba

Auf meiner Weiterreise lässt mich heftiger Regen in Borba Station machen. Hier stellt das Touristen-Marketing der Region Alentejo einen kostenlosen, top ausgestatteten Stellplatz zur Verfügung. Zwei Tage warte ich hier auf eine Wetterbesserung.

Elvas

Kurz vor der Landesgrenze zu Spanien wartet ein weiteres UNESCO Weltkulturerbe auf einen Besuch. Auf dem Stadtgebiet von Elvas liegen die weltweit größten erhaltenen Befestigungsanlagen, die sich in zahlreichen Kriegen bewähren mussten. So war der Ort im Jahr 1659 Schauplatz der Schlacht „Batalha de Linha de Elvas“, die entscheidenden Anteil am Ausgang des Restaurationskrieges hatte, in dem Portugal seine Unabhängigkeit von Spanien erzwang.

Campo Major

Bevor ich die Region„Jenseits des Tejo“ (so die offizielle Übersetzung) Richtung Spanien verlasse, will ich noch einmal der Melancholie des Alentejo nachspüren. Von Campo Major, etwa zwanzig Kilometer nordöstlich von Elvas, lassen sich wunderschöne Wanderungen unternehmen. Der Alentejo verabschiedet sich mit einem grandiosen Schlussakkord. Der Abschied vom Alentejo und von Portugal fällt mir schwer, aber wir kommen wieder – „Adeus Portugal“.

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