Im Garten Frankreichs
Mit dem Reisemobil unterwegs an der Loire
Gesperrt für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen – das Verkehrszeichen ist eindeutig. Mit unserem Reisemobil liegen wir glücklicherweise unterhalb dieser Grenze und dürfen die D 925 befahren. Alles andere wäre auch schade gewesen, denn gerade hier, direkt am Flussufer, ist der Charme des „Garten Frankreichs“, wie das Loire-Tal auch genannt wird, am besten zu erspüren. Wir sind unterwegs, entlang der unteren Loire, um eine Auswahl an Renaissance – Schlössern, einen launischen Strom und die exquisiten Weißweine kennenzulernen.
Die Fakten sind beeindruckend. Auf ihrem über eintausend Kilometer langen Weg vom Zentralmassiv bis zum Atlantik fließt die Loire an über vierhundert Schlössern vorbei. Seit dem Beginn der Renaissance im 16. Jahrhundert ließ sich der französische Adel im Loire-Tal nieder und errichtete zum Teil prunkvolle Schlösser. Zeitweise avancierte die Region sogar zum Zentrum der französischen Politik. Das Weinanbaugebiet „Val de Loire“ ist das zweitgrößte Frankreichs, bekannt in erster Linie für seine hervorragenden Weißweine. Seit dem Jahr 2.000 hat das Loire-Tal mit seinen Schlössern den Status als Weltkulturerbe der UNESCO.
Obwohl die Loire der längste Strom Frankreichs ist, wird er wegen seiner „wandernden Sandbänke“ nur bis auf Höhe von Angers mit größeren Schiffen befahren. Genau hier, in Angers, dem Tor zur Loire, starten wir unsere Tour. Den Schlösser-Reigen eröffnet das imposante Château d´Angers aus dem 13. Jahrhundert. Mit seinen hohen Wehrmauern und den siebzehn dunklen Schiefertürmen gleicht es eher einer Bastille. Und tatsächlich wurde die Festung fast sieben Jahrhunderte lang als Gefängnis genutzt.
Wir verlassen Angers auf der D 925, einer schmalen Straße, die sich folgsam den Windungen der Loire anpasst und alle Dörfer an ihrem Ufer miteinander verbindet. Auf dem Fluss sind nur gelegentlich kleine Boote zu sehen, deren flache Bootsrümpfe den Slalom zwischen unzähligen Sandbänken erst ermöglichen. Schon von weitem zeigt sich das Château Saumur, das auf einer Erhebung über dem gleichnamigen Städtchen thront. Ein Fußmarsch durch die hübsche Altstadt hinauf zum Schloss wird mit einem herrlichen Ausblick über das Loire-Tal belohnt.
Nach Saumur erhöht sich die „Schlösser-Dichte“. Liebend gern würden wir uns alle anschauen. Letztendlich zwingen jedoch Zeitmangel und auch die recht hohen Eintrittsgebühren dazu, eine Auswahl zu treffen. Zudem sind wir nicht in der Disziplin „Schlösser-Abhaken“ unterwegs. So fahren wir ohne einen – sicherlich lohnenswerten – Zwischenstopp in Tours einzulegen, bis Amboise durch. Von unserem hübsch gelegenen Stellplatz auf einer Loire-Insel müssen wir nur eine kleine Brücke überqueren und sind mitten in der pittoresken Altstadt.
Die Residenz französischer Könige (Karl VIII. und Franz I.) beherrscht eindeutig das Stadtbild von Amboise. Eindrucksvoller noch als diese mächtige Festungsanlage aus dem 15. Jahrhundert war für uns der Besuch des nahegelegenen Schlösschens Clos Lucé. Der Besuch des Herrenhauses, in dem Leonardo da Vinci seine letzten drei Lebensjahre verbrachte, und des weitläufigen Parks ist ein Muss für Loire-Reisende.
Das typische Loire-Schloss gibt es nicht. Der Spruch: „Kennst du eines, kennst du alle“, ist hier mit Sicherheit nicht anwendbar. Zu unterschiedlich sind sie alle. Mal groß und wuchtig, mal klein und verspielt. Von der wehrhaften Festung bis zum romantischen Jagdschlösschen ist alles dabei. Das vermutlich Bekannteste von allen – wenn auch nicht das Schönste – ist sicherlich Château de Chambord. In diesem etwas überdimensionierten Jagdschloss konnten sich die beteiligten Baumeister, unter ihnen auch Leonardo da Vinci, förmlich austoben.
Drei Tage sind sicherlich ein zu knapper Zeitrahmen für eine Tour entlang der Loire. Sie reichen aber aus, um einen Eindruck vom „Garten Frankreichs“ zu gewinnen und den festen Entschluss zu fassen, noch einmal wieder zu kommen. In einem weitläufigen Waldgebiet ostwärts von Orléans verbringen wir die letzte Nacht, am Etang de la Valée. Am späten Abend sind Jagdhörner und Hundegebell zu hören. Es ist Jagdsaison. Ein paar Tage für die Heimreise entlang der Loire zu reservieren, war eine gute Idee.